Fachbereich Rechtswissenschaften

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Glossa Ordinaria

Der Begriff Glossa ordinaria hat je nach Zusammenhang verschiedene Bedeutungen. In der Rechtsgeschichte ist damit normalerweise die accursische Glosse gemeint, welche im Folgenden genauer betrachtet wird.

Im 12. und 13. Jahrhundert verfassten Professoren an der Universität Bologna (sog. Glossatoren) erläuternde Randbemerkungen zum justinianischen Corpus Iuris Civilis. Bei der Glossa ordinaria (= ordentliche Glosse) handelt es sich um eine Sammlung derartiger Randbemerkungen, sog. Glossen, die von Accursius zusammengetragen wurden.

Franciscus Accursius (Francesco d’Accursio, um 1185 - 1260/63) war ein italienischer Jurist, Rechtslehrer an der Universität Bologna und wohl der berühmteste Schüler von Azo (Jurist und Glossator in Bologna, der maßgeblich zur Formung und Verbreitung des Ius commune beigetragen hat). Accursius verfasste um das Jahr 1234/35 einen fünfbändigen Glossenapparat, welcher insgesamt ca. 97.000 Glossen umfasste. Das Werk, welches Magna glossa genannt wurde, enthält Erläuterungen zu allen Teilen des Corpus Iuris Civilis einschließlich der Libri feudorum und des Authenticum und stellt die vollständigste Zusammenfassung der Glossen zum Corpus Iuris Civilis dar. Erst Mitte des 13. Jahrhunderts wurde die Magna glossa als maßgebliche Glossa ordinaria bekannt und verbreitet.

Die Glossa ordinaria erlangte gesetzesähnliche Kraft und bekam den Charakter einer selbstständigen Rechtsquelle. Besonders deutlich wird ihre Rechtsstellung durch den Satz “Was die Glosse nicht anerkennt, hat auch vor Gericht keinen Bestand” (quicquid non agnoscit glossa nec agnoscit forum).

 

Take away: 

  • Glossa ordinaria (dt. ordentliche Glosse) ist eine Sammlung von Randbemerkungen zum gesamten Corpus Iuris Civilis
  • Ein fünfbändiger Glossenapparat (Magna glossa), der von Accursius im Jahr 1234/35 verfasst und später als maßgebliche Glossa ordinaria verbreitet wurde
  • Erlangte Mitte des 13. Jahrhunderts als maßgebliche Glosse gesetzesähnliche Kraft und fungierte als eigene Rechtsquelle

 

Quellen: 
Schlosser, Hans (2017): Neuere Europäische Rechtsgeschichte. Privat- und Strafrecht vom Mittelalter bis zur Moderne. 3. Aufl. München: C.H. Beck, S. 62f.  

 

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