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Die Germanisten
Die Germanisten waren eine Gruppe von deutschen Rechtswissenschaftlern im 19 Jahrhundert. Sie sahen das römische Recht als ein „parasitäres, nicht nationales“ und somit als „fremd“ auszusonderndes Recht. Es stehe im Kontrast zu dem „rein deutschen“ (mittelalterlichen) Recht und verfälsche und verdränge dieses. Die Grundlage, um das Recht künftig strukturieren zu können, war in den Augen der Germanisten „die Sichtung, Erforschung und Pflege germanisch-deutscher Kulturelemente des Rechts“. Ein großer Unterschied der Germanisten zu den Romanisten lag darin, dass die Germanisten sich nicht auf eine durch Kontinuität bewährte Rechtssammlung, wie z.B. das Corpus iuris civilis, berufen konnten.
Prägend für die germanistische Rechtsforschung war vor allem Carl Joseph Anton Mittermaier (1787 - 1867) mit seinem „Lehrbuch des deutschen Privatrechts“ (1821). Die Probleme im Privatrecht sollten durch Rechtsfiguren der deutschen Rechtskultur gelöst werden. Auch prozessrechtlich bediente sich Mittermaier der deutschen Geschichte. So war er Verfechter des Schwurgerichts, was er auch in der Germanistenversammlung 1847 in Lübeck betonte.
Ein weiterer wichtiger Vertreter war Jacob Grimm (1785–1863), der eine eigenständige Vorstellung des „Volksgeists“ vertrat, die sich erheblich von den Vorstellungen seiner Zeitgenossen unterschied und die juristische Germanistik bis ins 20. Jh. hinein beeinflusste. Das gemeinsame Volksbewusstsein war für Grimm die ursprünglichste Quelle der Sprache, Poesie und des Rechts. Der Volksgeist ergebe sich unter anderem aus der Religion, den Sitten und dem Lebensstil des Volkes. Er spiegele sich insbesondere auch in Mythologie, Sprache, Liedern und Sagen wider. Bereits während seines rechtswissenschaftlichen Studiums an der Universität Marburg (1802-1805) grenzte sich Grimm von den Romanisten ab, zu denen insbesondere Savigny gehörte. 1846 wurde Grimm zum Vorsitzenden der ersten Germanistenversammlung gewählt.
Weitere wichtiger Vertreter des germanistischen Zweigs der deutschen Rechtswissenschaft waren Georg Beseler (1809-1888) und Otto von Gierke (1841-1921).
Takeaways:
- Sahen das römische Recht als ein „parasitäres, nicht nationales“, welches das „rein deutsche“ Recht (mittelalterliches Recht) verdränge
- „Volksgeist“ , der sich u.a. in Religion, Sitten und Lebensstil des Volkes, auch in Mythologie, Sprache, Liedern und Sagen zeigt, als wichtiger Bestandteil der germanistischen Lehre
- Jacob Grimm als wichtiger Vertreter, Vorsitzender erster Germanistenversammlung
Quellen:
Hans Schlosser, Europäische Rechtsgeschichte, 4. Aufl. 2021
Ritter/Gründer/Gabriel, Historisches Wörterbuch der Philosophie, „Volksgeist“
Karin Rause, Der Volksgeist bei Jacob Grimm, 1. Aufl. 2022